Montag, 16. Mai 2011

Origami für Hiroshima

(eigentlich sind die Kulturmahnwachen ja immer laute Veranstaltungen, bestimmt durch das Megaphon auf meiner und doch oberflächlich reagierende Vorbeiströmende auf der anderen Seite. Aber bei diesem Gedicht habe ich einfach die Hoffnung, dass es trotzdem jemanden erreicht, der es mit offenem Ohr aufnimmt, auch wenn es so unpropagandistisch zart daherkommt)


(1)
falte kraniche
kunstvoll aus papier
beschreibe sie
mit deinen 999 wünschen
und lass sie davonfliegen
der tausendste
so sagt
die legende
kommt zu dir
zurück
einen wunsch
zu erfüllen

(2)
wenn kranichvögel klein sind
wissen sie noch nicht
wie schön sie einmal
tanzen können
ängstlich stehen sie
auf nur einem bein
 manche
heißt es
hören nie auf
nur traurig
den anderen
zuzuschauen

(3)
mein kleiner kranich
warum
flogst du fort
nach dem
neunhundertachtundneunzigsten
gefalteten papier
so gern
schaute ich dir
beim tanz zu

(4)
einmal
wird kein mensch mehr
kranichtänze
beobachten
zählen
wie viele gefaltete träume
dem fluss
vertrauen
wunder werden
vergessen sein
  
(5)
dreihundert blätter erst
habe ich
mit dem einen wunsch
beschrieben
little boy
wurde nie
gezündet
die worte
versinken
im fluss

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