Dienstag, 24. Mai 2011

6. August, 5.45 Uhr

Durch den Mittag stürzend
suche ich den Stein,
der meinen Schatten
fasst.
Ich habe seinen Preis
bezahlt.
Kassandra schweig!
Wolken
glauben erst an Regen,
wenn der Himmel explodiert.
Ein Zauberspruch
für Gegenwind?
Luftworte der Erinnerung.

Hände erkalten
langsam in der Asche.

Montag, 23. Mai 2011

NO NATO

der erwünschte terrorist
lädt sich
behördlich beobachtet
bombenbaupläne
aus dem netz
und explodiert
bei ihrer erprobung

solch beweis
permanenter bedrohung
unserer festung freiheit
erobert die frontseiten
alle kampfblätter

ich lade
vielleicht auch behördlich beobachtet
friedenskleiderschnittmuster
aus dem netz
und explodiere nicht
bei ihrer erprobung

helfen wir
der zeit
uniformen
vermodern zu lassen

Hätte Deutschland gesiegt

in allen zeitungen würden wir lesen
gleiwitz das sind die polen gewesen
untermenschen, slawisch, mit besen
ein paar kasernen hätten andere namen
nach den kämpfern fürs reich, die ums leben kamen
 und der germane wär durch gereinigtes blut
 edel und gut

von den russen würden wir erfahren
sie warn bolschewisten vor vielen jahren
eine jüdische krankheit wäre längst schon besiegt
wir haben alle tapfer niedergekriegt
der zapfenstreich wär wahrscheinlich derselbe
ob am reichstag am amur ob an der elbe
auch am hindukusch würde am deutschen wesen
die welt genesen

wer die macht hat im staat
scheut auch heut vor keiner vergleichbaren tat
die wahrheit in seinem sinn zu zerklauben
was ihn stört zu verfälschen die beweise rauben
es geht nicht um titel von falschen doktoren
man haute uns größeren trug um die ohren
also hört endlich auf, den medien zu glauben,
und kämpft als schwarm von friedenstauben 

Sonntag, 22. Mai 2011

Zapfenstreich

Richt´ euch!
Präsentiert das
Gewehr! 

wie wegsehnenswert
die zeit
solcher MÄNNERmachenden sprüche
 
welch
dinostolz
gedient zu haben 

ein gewehr
präsentiert mich 
nicht

Vavarin 2


Wo die Natur nackt ist
zerteilt sie sich selbst
durch reißende Ströme

Wo der Mensch denkend wird
baut er Brücken
über blinde Naturgewalt

Wo der Mensch aufhört
bombt er die Brücken
in die Urzeit zurück

Samstag, 21. Mai 2011

Vavarin 1


Bombermäuler brüllten
Still gestanden!
Denken
setze
aus!

Hoffnung auf
Gemeinschaft
verschiedener Völker
starb
mit entnommenen Organen

Heute ist
Bombendeutsch
wieder Weltsprache.

Denken
setze
ein!

Heckler & Koch

das gewehr
ist nicht schuldig

geschäftsführer
reiben sich
die hände
kugeln 
lassen
kassen
klingeln

das gewehr träumt
gut geölt
von staunenden
museumskindern

Freitag, 20. Mai 2011

Im Friedensgrab

Großvater,
an der Ostfront
an wessen Tod
wurdest du
schuldig?

Hättest du nicht
im letzten Heimatwinter
von der Front
Hoffnung
gesetzt in Oma,
wärest du dann
ritterbekreuzter Held und Mörder
anstatt Vater meines Vaters
geworden?

Hast du
jenes künftigen kleinen Leben wegen
den wenigen,
denen du etwas raten durftest,
geflüstert,
kommt aus dem Fronturlaub
nicht wieder?

Diesen einen Moment Vater
möchte ich
weiter wurzeln
damit mich
niemand
nach einer Ostfront
fragt.

Du darfst weiter schweigen.

für Victor Jara, 1973

Verloren ging
mein elfter September.

Es ist der Tag nicht,
den sie besetzten!

Wir wurzelten aus ihm
keinen Krieg also Terror.

Mein elfter September
lieg tin älterem Grab.

Meiner
ließ die Gitarre brechen.

Meiner
ließ die Hände zerschlagen.

Meiner
ließ Hoffende erschießen.

Wenn du sein Grab besuchst,
das unscheinbare,
setze darauf
eine Rose.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Vom Mehlpaket oder Auge um Auge ...

Mehl wird Fladen, Mehl wird Brot,
Mehl ist Hoffnung gegen Not.
Mehl ist nicht der Waffen Macht,
die ihr meinem Volk gebracht.

Also danke ich von Herzen mit ner Tüte im Paket,
auf dem groß, für jeden lesbar, für Frau Merkel, Deutschland, steht.
Abgesandt von Ali Hammid, einst gebor´n im Kundus-Land,
das durch Flucht aus seiner Heimat nun zu Mehl, sprich Hoffnung, fand.

Und sie räumten alle Räume rundherum um diesen Gruß.
Oh, das Mehl ist weißes Pulver; sie stehn da, bereit zum Schuss.
Oh, wie stehen sie umkleidet: Burkas zum Mikrobenschutz.
Und in einem sichren Bunker wird gesprengt der Nährstoffschmutz.

Und dann haben sie umzingelt mir mein kleines deutsches Heim,
und im Schutze der Gewehre dringen sie zur Nachtzeit ein.
Und weil ich so überrascht war, habe ich mich schnell bewegt.
Deshalb hat man präventiv mich dauerfeuernd umgelegt.

Und der Raum mit meinem Mehlgruß bleibt für Wochen isoliert,
denn wer wagt vorauszusagen, wozu Mehl in Deutschland führt.

Mehl wird Fladen, Mehl wird Brot,
Mehl ist Hoffnung gegen Not.
Mehl ist nicht der Waffen Macht,
die ihr meinem Volk gebracht.

Silvestersonett

Es ging ein taubes jahr spazieren
es sang so glücklich falsch sein lied,
wenns menschen, die beim exerzieren
und bomben werfen waren, mied.

Es stampfte durch zu hohe wellen
es ritt durch öl und wüstensand,
es strahlte in der menschen zellen
war selig, wenn es freunde fand.

Bald ist auch dieses jahr vergangen
wir sind am leben, wissend zwar,
dass ungestillt noch das verlangen
nach hörgeräten für ein jahr,

das kommt und bessre lieder bringt
und sie mit uns zusammen singt.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Ich war Hochzeitsgast

All meine Brüder und Schwestern
lebten noch, gestern.
Wir hatten zu glücklichen Stunden
uns bei Walid zusammengefunden.
Eine Hochzeit bleibt stets unvergessen
und das nicht nur wegen Trinken und Essen.

Es gehört zu der Freude Stärken,
Gefahr im Moment nicht zu merken.
So öffnete Freudensalut
der Todesschüsse Flut.
Woher wohl die Fremden gekommen,
ihr Nahen hatte niemand vernommen.

Ich habe am Boden gelegen,
entging so dem Kugelregen.
Die Fremden blieben ohne Gesicht,
das mit menschlichen Worten spricht.
Ob nun deutsche oder englische Zunge
Ich wünsch ihnen Blei in die Lunge.

Vielleicht macht mein Schmerz einmal Pause,
sind die Fremden wieder alle zu Hause.
Doch das eine, das müsst ihr verstehen:
Ich könnt sie nicht hochzeiten sehen.

Dienstag, 17. Mai 2011

Gleichberechtigung

frauen
sollen die gleichen rechte
wie männer haben
sprach die eine
und fand gerecht
einen platz
im schützengraben
zu haben 

menschen
sollen die gleichen rechte
auf ihr leben haben
überall und alle 
sprach die andere
und begann
schützengräben
zuzuschütten 

Montag, 16. Mai 2011

Origami für Hiroshima

(eigentlich sind die Kulturmahnwachen ja immer laute Veranstaltungen, bestimmt durch das Megaphon auf meiner und doch oberflächlich reagierende Vorbeiströmende auf der anderen Seite. Aber bei diesem Gedicht habe ich einfach die Hoffnung, dass es trotzdem jemanden erreicht, der es mit offenem Ohr aufnimmt, auch wenn es so unpropagandistisch zart daherkommt)


(1)
falte kraniche
kunstvoll aus papier
beschreibe sie
mit deinen 999 wünschen
und lass sie davonfliegen
der tausendste
so sagt
die legende
kommt zu dir
zurück
einen wunsch
zu erfüllen

(2)
wenn kranichvögel klein sind
wissen sie noch nicht
wie schön sie einmal
tanzen können
ängstlich stehen sie
auf nur einem bein
 manche
heißt es
hören nie auf
nur traurig
den anderen
zuzuschauen

(3)
mein kleiner kranich
warum
flogst du fort
nach dem
neunhundertachtundneunzigsten
gefalteten papier
so gern
schaute ich dir
beim tanz zu

(4)
einmal
wird kein mensch mehr
kranichtänze
beobachten
zählen
wie viele gefaltete träume
dem fluss
vertrauen
wunder werden
vergessen sein
  
(5)
dreihundert blätter erst
habe ich
mit dem einen wunsch
beschrieben
little boy
wurde nie
gezündet
die worte
versinken
im fluss

Sonntag, 15. Mai 2011

Mütter gegen den Krieg

Mütter gegen den Krieg“


So ist das leben
da stehn wir eben
denn niemand soll sein leben geben
für mächte, die die die netze weben,
zur treibjagd in die schützengräben.

Wer sich benutzen ließ für geld
der ist für uns der falsche held
ihm sei kein denkmal aufgestellt
er diente einer alten welt

Wir wolln für eine neue leben
so stehn wir eben
hier und nicht schweigend nur daneben
denn gegen hunger netze weben
heißt erstmal weg mit schützengräben


(geschrieben für die Mahnwachen auf dem Alexanderplatz ...)

Neuanfang des Blogs ...

... oder Zwischenstufe?
Vielleicht sammle ich hier die Gedichte für eigene Lesungsprogramme?
Einen Versuch ist es wert.